Belichtungsmessung, aber richtig!

Belichtungsmesser

Übersicht

• Motivkontrast = ?

• Brauche ich einen Hand­belichtungs­messer?

• Brauche ich eine Grau­karte?

• Anmerkungen zur 18%-Grau­karte

• Belichtungsmessung nach Norm

• Die richtige Belichtung

• Lichtwert LW ↔ Exposure Value EV

• Filmempfindlichkeit nach ISO

• Welcher Belichtungs­messer ist der beste?


Zum Thema Belichtungsmessung gibt es zahlreiche Veröffentlichungen und zusätzlich ’zig Abhandlungen im Internet, auch von angeblichen Profis. Aber heute darf sich jeder „Fotograf“ nennen und mit einer schicken Homepage gewerblich auftreten. Daher habe ich es für sinnvoll gehalten, nochmal was darüber zu schreiben, weil ich immer wieder viel Unfug lese und vor allem auf YouTube sehe. Mit folgenden Ausführungen zur Belichtung hoffe ich, die nicht ganz so einfachen Tatsachen verständlich zu erklären. Denn im bequemen Voll­automatik-Modus zu foto­grafieren, eine manuelle Belichtungs­messung durchzu­führen oder eine Aufnahme richtig zu belichten, ist nicht immer das gleiche!

Bitte beachten: Alle hier folgenden Ausführungen beziehen sich auf Negativ­filme, die sich in Sachen Belichtung recht tolerant verhalten. Die richtige Belichtung von Diafilmen erfolgt nach etwas anderen Regeln. Ein Diafilm hat z.B. kaum einen Belich­tungs­spiel­raum, sondern die Belichtung muss auf den Punkt genau sitzen. Man orientiert sich beim Dia auch eher an den Lichtern als an den Schatten. Mein Eindruck ist, dass sich die Kalibrierung von Belich­tungs­messern in meinen älteren Kameras am Negativ orientiert, neuere Kamera­modelle haben eher den Diafilm im Fokus und tendieren vor allem bei Belich­tungs­automatik zur Unter­belichtung von Negativ­filmen. Das muss man dann eben durch eine kreative ISO-Einstellung kompensieren. Weil ich schon seit Jahren keinen Diafilm mehr in der Kamera hatte, möchte ich hier nicht näher auf dessen Besonder­heiten eingehen. Auch Digital­kameras haben ihre eigenen Regeln für Fort­geschrit­tene. Bei RAW-Foto­grafie gibt es für das Histo­gramm z.B. die ETTR-Regel: “Expose To The Right”.

Zumindest mit modernen Kameras, die es natürlich auch für Film gibt, scheint Belichtungs­messung ganz einfach zu sein, sofern man sich gar keine Gedanken darüber macht und mit der eingebauten Matrix- oder Mehr­feld­messung fotografiert. Diese erfasst auch Kontraste innerhalb des Bilds und macht dann etwas daraus. Für unbeschwerte Urlaubs- und vor allem Porträt­knipserei funktioniert das erstaunlich gut. Weil man aber nie weiß, was irgendein Algorithmus der Kamera­automatik macht, ist das Ergebnis vor allem bei hohen Kontrasten nicht vorher­sehbar und für kreative Gestaltung oder gezielte Belich­tungs­kor­rek­turen nicht zu gebrauchen. Daher ist bei richtiger Anwendung die uralte mitten­betonte Integral­messung vorzuziehen. Im Ideal­fall macht man eine Spot­messung auf die Schatten und legt auf dieser Basis die Belichtung fest, abhängig von Kontrast des Motivs, wahrer Film­empfind­lich­keit und Dichte­kurve der verwendeten Film-Entwickler-Kombi­nation.

Eine moderne Mehr­feld­messung mit Voll­automatik ist für Foto­reporter oder Hoch­zeits­foto­grafen heute natürlich ein must have. Für Amateure, die sich ohne kommer­ziellen Druck Zeit für ihr Hobby nehmen können, ist das nur noch nice to have. Bei Foto­grafie als gestal­terischer Tätig­keit ist dagegen eine Automatik eher behindernd und man kommt end­gültig nicht darum herum, sich genauer mit Belichtungs­messung zu beschäftigen. Man liest z.B. überall, dass man bei über­durch­schnitt­lichem Kontrast flexibel eine niedri­gere Film­empfindlich­keit ansetzen muss. Auch Nacht- und Dämmerungs­auf­nahmen erfordern Korrek­turen, damit die Foto­grafie die dunkle Szene richtig wiedergibt. Ein ebenfalls oft genanntes Beispiel ist die Foto­grafie einer weißen Katze im Schnee oder einer schwarzen Katze auf dem Kohlenhaufen. Nach Belichtungs­messer sind alle Katzen grau.

Solche Aufnahmen überlässt man also nicht stur irgend­einer Automatik, sondern sie werden nach Erfahrung oder nach manueller Messung gezielt über- oder unter­belichtet. Das Ergebnis entspricht hoffentlich einer richtigen Belichtung, die leider alles andere als eindeutig ist. Unter­schied­liche Betrachter ein und des selben Fotos könnten dieses sowohl als unter­belichtet als auch über­belichtet einschätzen. Eine Belich­tungs­messung rein wissen­schaft­lich und damit auto­mati­sier­bar zu definieren, scheint dann doch nicht so einfach zu sein. Einige Grund­lagen und Details dazu habe ich in den folgenden Kapiteln hoffent­lich ver­ständ­lich erläutert. Mit kreativer Foto­grafie hat das natürlich noch gar nichts zu tun, aber das sind die ersten Schritte auf dem Weg, die Technik kreativ einsetzen zu können.

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Motivkontrast = Beleuchtungskontrast × Objektkontrast

Diese Weisheit (eigentlich eine Selbstverständlichkeit) ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern stammt von Andreas Feininger, dessen Bücher ich sehr schätze:

Motivkontrast ist Beleuchtungs­kontrast multipli­ziert mit Reflexions- oder Objekt­kontrast.

(Feininger denkt beim Kontrast wohl an eine lineare Skala, ich denke in meinen folgenden Ausführungen jedoch logarith­misch in →EV-Werten und muss daher Beleuchtungs- und Objekt-Kontrast addieren.)

Natürlich fotografiere auch ich am liebsten mit Belichtungs­automatik. Die jetzt folgenden Aus­führungen sind daher keine Empfeh­lungen für die all­tägliche foto­grafische Praxis, sondern lediglich wichtig für das Verständnis der Zusammen­hänge.

Ein Objekt, das wir foto­grafieren wollen, besteht aus hellen und dunklen Ober­flächen, d.h. aus Ober­flächen, die aufgrund ihrer Farbe und Struktur mehr oder weniger Licht reflek­tieren können. Wenn alle(!) Flächen des Motivs mit der gleichen Licht­menge ausgeleuchtet würden, wäre der Beleuchtungs­kontrast gleich Null und ganz alleine der Objekt­kontrast würde die erforderliche Belichtung bestimmen. Weil es aber fast immer Objekt­bereiche gibt, die z.B. im Vorder­grund viel Beleuchtung abbekommen, und im Gegensatz dazu Bereiche, die im dunklen Schatten liegen, ist der Beleuchtungs­kontrast genauso wichtig. Bereiche mit identischer Farbe und Ober­fläche können dadurch im späteren Bild eine stark unter­schiedliche Hellig­keit aufweisen. Wer einem Profi bei der Arbeit zuschaut, kann fest­stellen, dass dort mit Strahlern und Aufhell­schirmen ganz gezielt der Beleuchtungs­kontrast hinge­fummelt wird, bis er passt.

Jetzt könnte die Graukarte ins Spiel kommen, aber auch jedes gewöhn­liche Blatt Papier kann dafür verwendet werden. Man misst mit einem Spot­meter dieses Blatt einmal in der am hellsten beleuch­teten Zone und einmal im dunkel­sten Schatten an. Die Differenz in Blenden­stufen (oder →EV-Werten) ist der Beleuchtungs­kontrast. Einfacher als mit einem Blatt Papier geht das mit einem Hand­belichtungs­messer mit Diffusor und Licht­messung statt der üblichen Objekt­messung.

Bei einer integralen Objekt­messung (egal ob mit Kamera oder Hand­belichtungs­messer) wird jede Art von Hellig­keits­ver­teilung und Kontrast vernach­lässigt und immer dumm ein Mittel­wert über den gesamten Mess­winkel gebildet. Dass eine solche Belichtungs­messung ziemlich daneben liegen kann, ist jetzt eigentlich klar. Man kann eher von Glück reden, wenn damit 80% aller Bilder noch okay sind. Einen kleinen Teil der Bilder hätte man knapper belichten können, was bei richtig entwickeltem Negativ­film im nach­folgenden Positiv­prozess ausge­glichen werden kann. Der Rest ist unter­belichtet mit unwieder­bringlich verlorenen Schatten­bereichen, die über­haupt keine Konturen aufweisen.

Wenn man diese fundamentale Grundlage verstanden hat, fällt jetzt die Entscheidung leichter, ob man unbedingt einen →Hand­belichtungs­messer oder eine →Graukarte braucht.

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Brauche ich einen Hand­belichtungs­messer?

Wer digital fotografiert, kann auf einen externen Belichtungs­messer sowieso verzichten. Aktuelle Speicher­karten bieten Platz für Tausende von Bildern, also sollte man in allen zweifel­haften Fällen Belichtungs­reihen mit abgestuften Ein­stellungen aufnehmen. Weil die Hersteller wissen, dass einer Belichtungs­messung nicht immer getraut werden kann, unter­stützen die aller­meisten Kameras das komfortabel. Bei der Betrach­tung zu Hause am Monitor löscht man dann hoffent­lich alle jpeg-Aufnahmen bis auf die mit der sichtbar besten Belichtung, oder alle Raw-Aufnahmen bis auf die mit dem ausge­glichen­sten Histo­gramm ohne abge­schnittene Lichter und Schatten. Weil bei analoger Foto­grafie jede einzelne Aufnahme ein bisschen Geld kostet, hält mich schwäbi­sche Spar­sam­keit von allzu häufiger Anwendung solcher Belichtungs­reihen ab, auch wenn das in allen Situationen, die vom Tageslicht-Standard abweichen, die sicherste Methode wäre.

Bei so manchem alten Gerät mit dem bis Mitte der 1970er Jahre üblichen CdS-Foto­wider­stand zeigt dieser mittler­weile fehler­hafte Messungen, ist nicht mehr kalibrier­bar oder ist ganz ausge­fallen. Wenn die Kamera eine manuelle Zeit- und Blenden­ein­stellung ermöglicht und ein ordent­liches Objektiv hat, ist ein ausge­fallener Belichtungs­messer kein Grund, sie nicht weiter zu benutzen. Hier empfehle ich als kompakte immer-dabei-Lösung den Sekonic Twinmate L-208 (siehe unten meinen →Belichtungs­messer-Vergleich). Ein ange­nehmer Neben­effekt eines aktuellen Hand­belichtungs­messers ist, dass man keine Not­lösungen für den Ersatz der alten →Queck­silber-Knopf­zellen mehr braucht.

Wer seine Film-Entwickler-Kombination noch nicht eingetestet hat (siehe →Filme eintesten), für den wird ein Hand­belichtungs­messer keine Verbesserung bringen. Das ist nichts Schlimmes. Diese Fotografen sollen einfach weiterhin versuchen, mit ihrer Voll­automatik glücklich zu werden, was für locker 80% aller Urlaubs­bilder zutrifft (und dank KI-Auto­matik wahr­schein­lich auf 95% aller Auf­nahmen mit aktuellen Smart­phones).

Ansonsten lautet meine Antwort zunächst auch: Nein, Sie brauchen keinen Hand­belich­tungs­messer, wenn die verwendete Kamera einen ausreichend genauen Belich­tungs­messer eingebaut hat, was vermutlich der Fall sein wird. Die geschickt eingesetzte Integral­messung einfacher Kameras ist oft schon ausreichend. In kompli­zierteren Fällen kann man mit jedem einge­bauten Belich­tungs­messer auf die Schatten des Motivs messen, man muss mit der Kamera nur nahe genug an sein Motiv herangehen, ohne den eigenen Schatten auf das Motiv zu werfen. Moderne Spiegel­reflex­kameras erleichtern das ganz wesentlich durch Um­schal­tung auf Selektiv- oder Spot­messung. Ein Hand­belich­tungs­messer mit Objekt­messung kann das auch nicht besser, er erledigt diese Arbeit eventuell etwas bequemer. Nach der obigen Definition von Feininger messe ich mit dieser Objekt­messung nicht den Objekt­kontrast, sondern den Motiv­kontrast, also das Ergebnis aus Beleuchtung und Reflexion. Der ange­messene Schatten, der gerade noch leichte Detail­zeichnung erhalten soll, wird dann um 3 Blenden unter­belichtet und alles ist gut (bei einem sorgfältig eingetesteten Film = Zone II nach →Ansel Adams’ Zonen­system). Eine ausführliche Kontrast­messung inklusive der hellsten Lichter ist gar nicht immer nötig. Die meisten Film-Entwickler-Kombi­nationen bieten hier reichlich Reserven.

Ein durch Spotmessung ermittelter Motiv­kontrast hilft mir bei der Abschätzung, ob ich später im Labor diesen Kontrast noch auf einen ordent­lichen Abzug drauf bekomme. Mit modernen (und einge­testeten) Gradations­wandel­papieren ist hier einiges möglich. Schwierig wird es für einen Standard-SW-Prozess erst ab einem Kontrast von 7 oder mehr Blenden­stufen. Man muss sich dann entscheiden, ob die Details in den Schatten oder in den Lichtern wichtiger sind. Selbst mit weicher Papier­gradation kommt man beim Vergrößern an ein Limit. Abhilfe bieten hier z.B. ein Auf­hell­blitz für den Vorder­grund, eine →Vorbe­lichtung des Films, die Film­entwicklung mit →Aus­gleichs­ent­wickler oder eine „N−“ Entwick­lung von Plan­film. Wenn man bei derart hohen Motiv­kontrasten auf die Schatten belichtet, besteht vor allem bei Klein­bild­film die Gefahr, dass die Lichter durch Streuung in der Emulsions­schicht über­strahlen. Das gilt auch für moderne Filme, bei denen eine lange gerade Kenn­linie vermuten lässt, dass sie diesen Kontrast wieder­geben könnten. Man muss sich also wirklich entscheiden. Ledig­lich Groß­format-Foto­grafen können die Dichte­kurve über die Zone IX hinaus ausnutzen. Die Über­strahlungen an den Kanten der Spitz­lichter wirken sich bei großen Negativen nicht so gravierend aus. Daher korri­gieren die Anhänger von Groß­format und →Zonen­system ihre Belichtungs­messung auf 1 EV Über­belichtung, bzw. legen ihre perfekt durch­gezeich­neten Schatten auf Zone III. Die Lichter werden notfalls durch angepasste N− Entwick­lung gebändigt. Weil Groß­format­kameras ohnehin immer auf einem Stativ stehen, spielt diese effektive Halbierung der Film­empfind­lich­keit keine Rolle.

Schwierig wird es immer, wenn man für eine Detail­messung nicht nahe genug an die Schatten herangehen kann, z.B. bei Landschaftsaufnahmen. Das beste in solchen Fällen ist ein nicht ganz billiger und nicht mehr so richtig hand­licher 1°-Spot­belichtungs­messer. Die Spot­messung besserer Spiegel­reflex­kameras ist für genaue Zonen­messungen noch unbrauchbar. Den 1°-Messwinkel erreicht man damit erst bei etwa 300mm Brennweite. Genauso wenig taugen diverse 5°-Vorsätze zu manchen Hand­belichtungs­messern. Jetzt kommt der angebliche Vorteil eines Hand­belichtungs­messers mit Diffusor: Er ermöglicht die Licht­messung, die integral das Licht bewertet, mit dem ein drei­dimensio­nales Objekt beleuchtet wird. Eine Halb­kugel­kalotte erfasst dabei alle Lichtquellen in dem Halbraum vor dem Motiv. Der Land­schafts­foto­graf misst damit z.B. vom Motiv weg­zeigend locker über die Schulter nach hinten. Weil alle Belichtungs­messer einen „normalen“ Motiv­kontrast annehmen, sorgt das Mess­ergebnis auch nur in solchen Fällen für eine richtige Belichtung. Was normal ist, entscheidet der Hersteller. →Normen geben immer nur Empfeh­lungen. Man muss also sein Gerät kennen und gegebenen­falls nach Erfahrung korri­gieren (oder systematisch eintesten). Sehr gut geeignet ist diese Licht­messung mit Diffusor lediglich für die Ermitt­lung des Beleuchtungs­kontrasts, weil der absolute Anzeige­wert dabei egal ist. Jahr­zehnte­langes Marketing der Belich­tungs­messer-Hersteller und zahlreiche Anleitungen in der Fotoliteratur haben den Eindruck erzeugt, dass Licht­messung immer eine richtige Belichtung garantiert, was einfach nicht zutrifft. Der einzige Vorteil dieser Licht­messung gegenüber der Objektmessung ist, dass die absolute Hellig­keit des Objekts das Mess­ergebnis nicht verfälschen kann. Das führt zwar zu einer Verbesserung, aber leider nicht immer zu einer richtigen Belichtung.

Wirklich professionelle Belichtungs­messer bieten sogar zwei Methoden der Licht­messung: standard­mäßig eine integrale Licht­messung mit Halbkugel­kalotte und zusätzlich eine selektive Messung einzelner Licht­quellen mit flacher Streu­scheibe zur genauen Ermittlung des Beleuchtungs­kontrastes. Die flache Streu­scheibe dient auch zur foto­metrischen Messung der Beleuch­tungs­stärke in Lux.

Warum wir nach integraler Objekt- oder Licht­messung trotzdem oft richtig belichtete Bilder erhalten, liegt daran, dass viele Motive bei Reflexion oder Kontrast­umfang einem Mittelwert ähneln, der bei der Kali­brierung des Belichtungs­messers zugrunde­gelegt wurde. Hilf­reich ist auch, dass die gesamte Verfahrens­kette vom Druck auf den Auslöser bis zum fertigen Bild noch einige Korrektur­mög­lich­keiten enthält. Das gilt für analoge und digitale (Raw-) Foto­grafie gleicher­maßen. Ein rundum tolles Foto, auf das man stolz sein kann, sollte möglichst wenig nach­trägliche Trick­sereien erfordern. Was ich damit sagen möchte: Bei Foto­grafie als ernst­haft betrie­benem Hobby oder gar Gewerbe lohnt es sich, wenn man die Technik verstanden hat und richtig einsetzen kann. Für diesen Lern­effekt kann ein Hand­belich­tungs­messer, im Ideal­fall ein 1°-Spot­belichtungs­messer, sehr hilfreich sein.

Zur Erinnerung: Ganz ohne Messung gibt es noch die “Sunny-16”-Regel, in den dunklen Monaten abgewandelt zu Sunny-8 (Dez., Jan.) bis Sunny-11 (Nov., Feb.). Wenn man Zeit hat und in aller Ruhe foto­grafieren kann, sollte man vorweg die Belichtung abschätzen und erst danach messen. Mit etwas Erfahrung liegt man da erstaunlich oft richtig. Diese Sunny-16-Regel ist übrigens in den Exposure Calculator von Andy Lawn fest eingebaut, und dieser Belichtungs­messer passt in jede Fototasche noch rein.

Nachtrag für Freunde der Physik:
Für mittel­euro­päische Durchschnitts­motive in der Mittags­sonne gilt etwa:

(→EV hier für Film­empfind­lich­keit 100 ISO)

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Brauche ich eine Graukarte?

Meine Antwort lautet ganz klar: Nein! Wenn Sie auf die Werbung hereingefallen sind und in schwierigen Fällen mit Messung auf eine 18%-Graukarte eine genauere Belichtung erhoffen, muss ich Sie enttäuschen. Das erste Problem ist bereits, dass Sie zur Messung mit einem Belich­tungs­messer recht nahe an die Grau­karte heran­gehen müssen, ohne diese abzu­schatten und ohne die Messung durch Umgebungs­streu­licht zu verfälschen. Mit den Mess­winkeln einfacher Hand­belichtungs­messer ist das so gut wie unmöglich. Besser geht das aus größerer Distanz mit einem hoch­wertigen, teuren Spot­belichtungs­messer. Aber wer so etwas hat und damit umgehen kann, braucht erst recht keine Graukarte. Eine richtig ausge­führte Nah-Messung auf eine mit dem echten Motiv vergleichbar ausge­leuchtete Grau­karte bringt zwar einen sauberen mittleren Messwert, der nicht durch Objekt­bereiche mit stark unter­schiedlicher Reflexion verfälscht wird. Eine „richtige“ Belichtung ist das aber nicht immer, auch wenn viele selbst­ernannte Spezia­listen das so behaupten. Das Internet ist eben geduldig, und jeder kann seinen Senf dazu geben und mit Werbe-Links drum­herum dekorieren.

Die Kali­brierung von Belichtungs­messern basiert auf von dieser Grau­karte unab­hängigen genormten Gesetz­mäßig­keiten und lässt den Her­stellern auch einen Ermessens­spielraum in der Größenordnung von etwa 1/3 EV! Wenn Sie also irgendwo etwas von dieser 18%-Kali­brierung lesen, ist der entsprechende Artikel einfach sachlich falsch. Sogar die Marke­ting-Leute von renom­mierten Firmen schwafeln (wahr­scheinlich nach einer Google-Recherche) von diesen 18%, statt sich von den haus­eigenen Ingenieuren und Physikern beraten zu lassen oder die Normen zu lesen.

Weitere Probleme ergeben sich daraus, dass auch eine hoch­wertige Grau­karte nicht ideal diffus reflek­tiert, und dass reale Foto­motive meistens keine ebenen Flächen darstellen, sondern drei­dimensionale Objekte sind, die durch Licht aus jeder Raum­richtung beleuchtet werden. So einfach wie man sich das vorstellt, ist die Arbeit mit der Grau­karte letzt­endlich also nicht, schön demons­triert z.B. hier im amerikan. photrio-Forum: “Kodak Grey Card Usage”. Spätestes wenn man diese Bild­bei­spiele gesehen hat, verliert man jeden Glauben an eine Grau­karten­messung.

Auch eigene Spot­messungen auf eine konstant diffus beleuchtete Kodak-Graukarte schwanken um ½EV, je nachdem ob ich frontal, leicht schräg von links oder von rechts messe. Was ist der richtige Wert? Darauf könnte man natürlich antworten, dass es auf ½EV doch sowieso nicht ankommt. Aber dann dürfte man keinen Diafilm in der Kamera haben. Man könnte dann auch fast immer auf jede Art von Belich­tungs­messung verzichten und nach der bewährten “Sunny-16”-Regel belichten.

Vergleichbar mit einer richtigen(!) Messung auf die Graukarte nach der ausführ­lichen Kodak-Anleitung ist ein Hand­belich­tungs­messer mit Halb­kugel­kalotte und der schon erwähnten Licht­messung. Man misst damit nicht das Licht, das von einem belie­bigen Motiv in Richtung Kamera reflektiert wird, sondern die Stärke der im Halbraum verteilten Licht­quellen, die das Motiv beleuchten. Wer also einen Hand­belichtungs­messer mit Licht­messung hat (den haben Sie doch eh’, wenn Sie das hier lesen - oder?), für den ist die Grau­karte über­flüssig. Leider berück­sichtigen weder die Grau­karte noch die Licht­messung den tatsächlich vorliegenden →Motivkontrast. Beides ist also gleich schlecht, naja - gleicher­maßen suboptimal! Die ebene Grau­karte kann die im Raum verteilten Licht­quellen nicht richtig erfassen. Dafür weiß man, dass sie ausschließlich für einen Motiv­kontrast von 5 Blenden­stufen eine zutref­fende Belich­tungs­messung ergibt. Mehr dazu im nächsten Kapitel. Leider weiß man oft nicht, welchen Motiv­kontrast der Hersteller des Belichtungs­messers für die Licht­messung durch die Plastik­kalotte zugrunde gelegt hat. Jeder Hersteller verwendet dafür eine eigene Referenz, sagt aber nicht immer, welche. Jeder Foto­graf muss das mühsam selbst heraus­finden.

Noch ein Tipp in diesem Zusammen­hang: Die Graukarte mit 18% Reflexion ersetzen sparsame Leute ideal durch ein einfaches weißes Blatt Drucker­papier mit 90% Reflexion. Weißes Papier ist um den Faktor 5 oder 2⅓ Blenden­stufen heller als eine original Kodak-Graukarte. Weil man für durch­schnitt­liche Motiv­kontraste dann noch um ½ EV mehr belichten sollte, beträgt die Differenz ca. 3 Blenden­stufen. Man kann also seinen (Spot-) Belich­tungs­messer auf eine um 9 DIN niedrigere Empfind­lich­keit einstellen, auf das weiße Papier messen und den angezeigten Wert ohne weitere Umrechnung für die Belich­tungs­ein­stellung an der Kamera verwenden. In ISO-Werten entsprechen diese 9 DIN Differenz einer Film­empfind­lich­keit geteilt durch 8. Vorteil: Ein weißes Blatt Papier ist leicht verfügbar und spott­billig ersetzbar. Wer kein weißes Papier hat, kann seine Hand-Innen­fläche anmessen. Diese ist bei einem Mittel­europäer mit etwa 35% Reflexion um 1 Blenden­stufe heller als eine Grau­karte. Für eine wahr­scheinlich richtige Belichtung müssen Sie 1,5 Blenden­stufen zugeben: 1 Blenden­stufe für den Unter­schied Hand-Grau­karte und noch eine weitere halbe Stufe, weil bei durch­schnittlichem Motiv­kontrast die Grau­karten­messung zu Unter­belichtung führt.

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Anmerkungen zur 18%-Graukarte

Die meisten Hobbyfotografen und auch manche Profis und Fach­buch­autoren glauben, nur weil Kodak früher Grau­karten mit 18% Reflexion verkauft hat, sind diese 18% ein nicht anzweifel­barer Mittel­wert, der stets eine exakte Belichtung garan­tiert. Seit Kodak 1941 angeblich in Abstimmung mit →Ansel Adams diese 18% fest­gelegt hat, schreibt das ungeprüft Einer vom Anderen ab. In den ein­schlä­gigen und inhaltlich überein­stimmenden Normen für die Kali­brierung von Belichtungs­messern (ANSI PH3.49, ISO 2720 oder DIN 19010-1) ist übrigens keine Rede von 18% oder anderen Reflexions­graden, weil das physika­lisch keinen Sinn ergeben würde. Diese physika­lischen Zusammen­hänge sind völlig unab­hängig davon definiert.

Wie kommt Kodak ausgerechnet auf 18%?
Nach einer anderen Quelle hatten diese 18% ihren Ursprung in der Druck­technik als Mittel­wert zwischen Papier­weiß und tiefster Drucker­schwärze. Weil wir nicht nur gedruckte Zeitungen foto­grafieren wollen, brauchen wir für die Welt der Foto­grafie auf Film aber eine andere Erklärung. Wir betrachten dazu eine Szene mit einem Motiv­kontrast von 5 Blenden­stufen oder 5 EV (= →Licht­werte). Kontrast­minderungen durch Streu­licht ignoriere ich hier, da hoch­wertig vergütete Objektive und die einfache Optik von Belich­tungs­messern nur geringe Verfäl­schungen bringen dürften. Jetzt wird’s mathe­matisch, es geht leider nicht ohne Loga­rithmus. Diese 5 Blenden­stufen entsprechen einem Kontrast von 1:25 = 1:32. An der hellsten Stelle erhält der Film demnach 32-mal so viel Licht wie im dunkelsten Schatten. Der 10er-Loga­rithmus von 32 laut Taschen­rechner ist log(32)=1,5. Wir haben also einen logarith­mischen Kontrast­umfang von log(1)=0 bis log(32)=1,5. Eine Stelle mittlerer Hellig­keit entspricht log(x)=0,75, der Hälfte von 1,5. Die Auflösung nach dem unbekannten Wert x ergibt x=100,75 = 5,6. Die Stelle im Motiv, die also 5,6-mal so viel Licht reflektiert wie der dunkelste Schatten hat später im Negativ einen Grauwert, der dem Mittel­wert aus Schatten­dichte und Lichter­dichte entspricht und im Ideal­fall in der Mitte der ausnutz­baren Dichte­kurve liegen sollte. Bezogen auf die hellste Stelle (32-mal so hell wie der Schatten) reflektiert der Mittel­wert nur 5,6/32 = 0,175‑fach so viel Licht, gerundet sind das die 18% von Kodak. Mathe­matisch zusammen­gefasst ergeben diese Rechen­schritte: 10(−0,15×ΔEV) oder 2(−0,5×ΔEV) mit dem Motiv­kontrast ΔEV. Belichtungs­messer sollten so kalibriert sein, dass ihre Anzeige etwa der →Zone V bzw. 5 nach Ansel Adams entspricht, also 4 Zonen über dem Referenz­punkt für die →ISO-Filmempfindlichkeit. Die Schatten liegen bei dem hier durch­gerechneten Beispiel dann in Zone 2,5. Ab Zone 2 weist ein Negativ bereits die ersten diffe­ren­zier­baren Grau­werte auf. Man könnte gegenüber der Grau­karten­messung sogar um maximal 1/2 Blende unter­belichten.

Und wenn der Kontrast nun größer als 1:32 ist?
Nehmen wir an, eine Kontrast­messung hat eine Differenz von 7 EV ergeben. Nach der obigen Rechnung erhalten wir einen Kontrast­umfang 1:128, oder logarithmisch 2,1. Die Hälfte von 2,1 ist 1,05 entsprechend 1:11,2 und daraus erhalten wir 11,2/128=0,09 oder 9%. Eine Graukarte müsste für ein solches Foto­motiv also einen Reflexions­grad von 9% haben! Was folgern wir daraus: Eine Integral­messung auf eine Szene mit 7 EV Kontrast ist nur sinnvoll mit einem Belichtungs­messer, der auf ein dunkles 9%-Grau kalibriert ist - und den gibt es nicht, genauso wenig wie eine 9%-Graukarte! Alternativ messen wir auf die 18%-Graukarte und belichten um 1 Blenden­stufe mehr. Der mittlere Grauwert dieses Motivs liegt jetzt wieder auf Zone 5, die Schatten aber in Zone 1,5. Eine gerade erkennbare Schatten­zeichnung hat man erst ab Zone 2. Das erfordert nach meiner Definition der →Film­empfind­lich­keit eine Über­belichtung um eine weitere halbe Blende.

Wer es ganz genau haben möchte, wie es z.B. Großformat-Fotografen anstreben: In den Überlegungen ist jetzt noch nicht berück­sichtigt, dass dieses Negativ zwar den gesamten Tonwert­reichtum des Motivs umfasst, aber für einen optimalen Abzug wahr­scheinlich einen zu hohen Kontrast aufweist. Diesen müsste man zusätzlich durch eine verkürzte Entwicklungs­zeit kompensieren, was die nutzbare Film­empfindlich­keit noch weiter reduziert. Wie auch Jost Marchesi in seinem Buch „Die Ilford-Negativ­technik“ schreibt, bräuchte ein 400er Film bei einem Motiv­kontrast von 1:128 dann eine Belichtungs­messer-Einstellung auf ISO-125 und eine um 25% gekürzte Entwicklungszeit.

Die Graukarte war nie für Belichtungsmessung vorgesehen!

Die 18% Reflexion waren eine mehr oder weniger will­kürliche Fest­legung. Gedacht war diese Grau­karte als Hilfs­mittel für Farb­foto­grafien und keines­wegs für die Kali­brie­rung von Belich­tungs­messern. Eine präzise Belichtung hängt immer vom Motiv­kontrast ab, es gibt dafür keinen fixen Standard. Auch ein Mittel­wert ist nicht relevant und eine daran ausgerich­tete Belichtung ist nur viel­leicht richtig. Dass die Grau­karte in der Welt der prak­tischen Foto­grafie nicht unbedingt einem durch­schnitt­lichen Motiv entspricht, war bei Kodak schon lange bekannt. In der mitgelieferten Anleitung steht: “For subjects of normal reflectance increase the indicated exposure by 1/2 stop.” Sie weisen also darauf hin, dass eine 12%-Graukarte, für angeblich normale Motive sinnvoller wäre. Diese 12% entsprechen einem Kontrast­umfang von 6 EV bzw. Blenden­stufen (Zonen II bis VIII).

Als normales Motiv gilt eine sommer­liche Frei­luft­szene bei mitt­leren Breiten­graden (typisches Urlaubs­motiv). Kodaks Chef-Physiker Loyd A. Jones wertete bereits in den 1930er-Jahren zahl­reiche Land­schafts­aufnahmen aus der Gegend um Rochester (N.Y.) aus. Der statisti­sche Mittel­wert ergab damals schon einen Kontrast­umfang von 6 Blenden­stufen in der Film­ebene der Kamera. Vonein­ander unab­hängige Unter­suchungen und Veröffent­lichungen aus den 1960er Jahren kamen in England, USA, Deutsch­land und Russ­land mit vernach­lässig­baren Abwei­chungen wieder zum gleichen Ergebnis. Selten gab es inter­national eine solche Einig­keit wie beim Kontrast durch­schnitt­licher Tages­licht­szenen. In deutscher Sprache nachzu­lesen ist das auch bei Jost Marchesi (Hand­buch der Foto­grafie, Bd.2), der für ein durch­schnitt­liches Motiv 13% Reflexion angibt.

Daher sind seit Jahr­zehnten alle Belichtungs­messer, die ich kenne (→siehe weiter unten), nicht auf diese will­kürlichen 18% kalibriert, sondern je nach Hersteller­philosophie und in Überein­stimmung mit allen →Normen auf Motiv­kontraste, die als Mittel­wert etwa 12-14% Reflexion ergeben.

Sie glauben’s nicht?

a) Falls ein Belichtungsmesser auf die 18% Reflexion der Kodak-Graukarte kalibriert wäre, müssten eine richtige(!) Objekt­messung auf diese Grau­karte und eine Licht­messung mit Halb­kugel­kalotte exakt dasselbe Ergebnis liefern. In Wirklich­keit wird man etwa 1/2 EV Differenz fest­stellen. Das ist der von Kodak empfohlene Korrektur­wert nach Objekt- oder besser Spot­messung auf die Grau­karte.

b) Alle fortgeschrittenen Zonen­foto­grafen werden mir zustimmen, dass eine Belichtung nach Anzeige einer inte­gralen Belichtungs­messung der Zone V nach Adams entspricht. Die tiefsten bild­wichtigen Schatten mit diffe­renzier­baren Konturen liegen dann (eben­falls nach Adams) in Zone II. Von diesen Schatten (II) bis zum Mittel­wert (V) liegen also 3 Zonen. Vom Mittel­wert gehen wir jetzt noch einmal 3 Zonen weiter bis zur Zone VIII mit den hellsten bild­wichtigen Lichtern. Der Gesamt­kontrast­umfang liegt dann bei 8−2=6 Zonen bzw. 6 Blenden­stufen. Nach der obigen mathe­matischen Her­leitung ergibt dieser Motiv­kontrast einen integralen Reflexions­wert von 10(−0,15×6) = 12,6%.

c) Die Anzeige eines Belichtungs­messers entspricht, wie schon gesagt, der Zone V nach Ansel Adams. Eine Erhöhung um eine Zone erfordert nur die halbe Belichtungszeit, also wird doppelt so viel Licht reflektiert. Jetzt eine einfache Rechnung:
Zone V    → 18% Reflexion
Zone VI   → 18×2 = 36%
Zone VII  → 36×2 = 72%
Zone VIII → 72×2 = 144% ???
Wenn das gelten soll, wird in Zone VIII mit den hellsten bild­wichtigen Stellen schon mehr Licht reflektiert, als über­haupt da ist!

d) Sekonic als welt­weiter Markt­führer gibt in den technischen Daten aller seiner Belich­tungs­messer Werte für die Kali­brier­konstanten an: K=12,5 für Objekt­messung (gilt angeblich auch für Canon und Nikon) und C=340 für Licht­messung mit Halb­kugel­kalotte. Durch Vergleich von auf­tref­fendem und reflek­tiertem Licht kann aus den physi­kalischen Zusammen­hängen der Reflexions­anteil rück­gerechnet werden. Dieser beträgt R = π×K/C = 11,6%. Bei Minolta, Kenko und Pentax Belich­tungs­messern sind das K=14, C=330 und damit R=13,3%.

Weil man nun nicht ständig Motive mit 5 Blenden­stufen Kontrast­umfang (Basis der 18%-Graukarte) oder ebene graue Wände vor der Linse hat, ist eine Grau­karte nicht besonders sinnvoll. Sie ersetzt keine ausführ­liche Kontrast­messung mit einem Spot-Belichtungs­messer. Die hochwertige Kodak-Graukarte gibt es von Kodak schon lange nicht mehr. Anstelle einer Graukarte, für die man weniger als 20-30 € verschwendet hat, kann man gleich im Bastel­laden einen grauen Karton kaufen. Heute im Handel angebotene Grau­karten sind für ziel­gerechte Objekt­messungen in vielen Fällen zu klein, und ob die Reflexion tatsächlich 18% beträgt, ist erstens anzu­zweifeln und zweitens sowieso egal. Nicht einmal meine aufwändig her­ge­stellte original Grau­karte hat 18%, sondern 16% (rück­ge­rechnet aus einer Densito­meter­messung). Trotz licht­geschützter Aufbe­wahrung ist sie in mind. 20 Jahren wohl nachge­dunkelt - oder sie war schon immer zu dunkel.

Wirklich sinnvoll ist eine Grau­karte nur bei Farb­aufnahmen, um beliebige Farb­stiche besser heraus­filtern zu können. Kodak schrieb 1956 über seine Neutral Test Card: “An accessory designed primarily for use in color photography.” Ein weißes Blatt Papier tut es für den Weiß­abgleich auch, nur hat der Händler nichts daran verdient. Übrigens: Die →Belichtungs­messung auf dieses weiße Blatt Papier oder die Handfläche ist nicht schlechter als die Messung auf eine Grau­karte. Korri­gieren muss man alle drei Mess­werte, die Graukarte um 0,5 EV, weißes Papier um 3 EV, die angemessene Handfläche um 1,5 EV.

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Belichtungsmessung nach Norm

In der ISO 2720 (oder in der inhaltlich kompa­tiblen DIN 19010-1) ist die Kali­brierung von Belich­tungs­messern geregelt. Für Objekt­messung bei einer defi­nierten Leuchtdichte in cd/m² gilt eine Kalibrier­konstante K = 10,6…13,4. Für Licht­messung mit Halb­kugel­kalotte bei einer defi­nierten Beleuchtungs­stärke in Lux gilt die Kalibrierkonstante C = 320…540. Jeder Hersteller soll die Konstanten K und C innerhalb dieser Grenzen festlegen. Die gemessene Belich­tungs­zeit ist direkt propor­tional zu diesen Konstanten. Damit ergibt sich nach Norm ein Spiel­raum von etwa 1/3 →EV (Objekt­messung) bzw. 3/4 EV (Licht­messung). Zusätzlich erlaubt die Norm noch 1/2 EV Abweichung von den Werten der Kalibrierformel. Die insgesamt zugelassene Streubreite einer Norm-Belichtungsmessung ist also ziemlich groß. Entgegen weit verbrei­teten Gerüchten ist dort nirgendwo die Rede von 18% oder anderen Reflexions­werten.

Hier zum Vergleich die veröffent­lichten Werte lt. Daten­blatt:

Das Ergebnis einer Objektmessung führt also mit dem Starlite zur knappsten und mit einem Minolta Belich­tungs­messer zur reich­lichsten Belichtung mit einer Differenz ⅓EV. Eine solche Differenz ist angesichts der zulässigen Streubreite noch als gering anzusehen. Als logische Folge gilt: Das Ergebnis einer Belich­tungs­messung muss man immer als ein Glied einer individuell abge­stimmten und einge­testeten Prozess­kette sehen, die vom Einlegen des Films bis zum fertigen Positiv alle Zwischen­schritte bein­haltet. Wenn in dieser Kette ein Glied verbogen ist (z.B. ein falsch anzei­gender Belich­tungs­messer), kann das durch andere Prozess­stufen kompensiert werden, z.B. durch eine angepasste, eigentlich falsche Film­empfindlich­keits­ein­stellung, die man so hinbiegt, bis das Ergebnis passt. Oder noch besser: Falls der Belichtungs­messer diese Möglich­keit bietet, sollte man indivi­duell dessen Kali­brierung ändern. Die eigene abge­schlossene Welt dieser Prozess­kette ist dann völlig in Ordnung, solange man an dieser Kette nichts ändert und kein Glied auswechseln muss.

Wie auch mein →Belich­tungs­messer-Vergleich zeigt, bringen unter­schied­liche Geräte tatsächlich nicht alle dasselbe Mess­ergebnis! Leider enthalten die Daten­blätter der Belichtungs­messer nicht immer die Angabe der Kalibrier­konstanten K und C nach ISO 2720. Man kann in solchen Fällen nicht entscheiden, ob unter­schiedliche Mess­ergebnisse auf Absicht oder falsche Kali­brierung zurück­zuführen sind. Eine absolute Über­prüfung der Kali­brierung nach ISO-Norm erfordert eine gleich­mäßig diffus leuch­tende Fläche mit definiertem Spektral­bereich und genau bekannter Leucht­dichte, ist also mit häus­lichen Methoden nicht möglich. Dem Anwender kann das letztlich egal sein, wenn er seine Prozess­kette sauber eingetestet hat. Viel wichtiger ist, dass der Belich­tungs­messer wenn schon, dann konstant daneben liegt und keinen Linearitäts­fehler hat. Einen solchen handelt man sich z.B. ein, wenn man alte Geräte mit CdS-Foto­wider­stand mit falscher Spannungs­ver­sorgung betreibt, anstelle der ursprünglich vorge­sehenen →Queck­silber­knopf­zelle mit 1,35 V.

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Die richtige Belichtung

Wenn Sie die Kapitel zu →Belichtungs­messer, →Graukarte und →Zonen­system gelesen haben, sind Sie schon kein Anfänger mehr. Eine richtige Belichtung sollte jetzt in jeder Situation gelingen. Wie wir wissen, sind schwierige Licht­situationen nur mit einer Spot­messung auf die bild­wichtigen Schatten zu beherrschen. Wenn Sie keinen teuren Spot­belichtungs­messer oder eine entsprechend ausgestattete moderne Kamera haben, hilft nur, nah ranzugehen, natürlich ohne die Messung durch den eigenen Schatten zu verfälschen. Von diesem Idealfall wollen wir hier ausgehen. Voraus­setzung ist auch, dass Sie Ihre Film-Entwickler-Kombination →eingetestet haben und die wahre Film­empfindlich­keit am Belichtungs­messer eingestellt haben. Sie kennen dann die Dichte­kurve genau dieser Kombination. Ein moderner Negativ­film hat etwa eine Kenn­linie, wie sie im nächsten Bild darge­stellt ist. Die Zone V auf der x-Achse entspricht im Zonensystem von Ansel Adams einer Belichtung nach Belichtungs­messer­anzeige. Für die Schattenzeichnung sind die Zonen II (erste zarte Details) bis III (perfekt durch­gezeichnete Details) von Bedeutung. Bei KB-Film lege ich(!) Schatten in Zone II, um auch ohne Stativ verwack­lungs­sicher zu foto­grafieren. Ein weiterer Grund ist, dass ich bei KB-Film Fein­korn und Schärfe nicht ganz ver­nach­lässigen möchte. Für diese Ziele ist es sinn­voll, die Film­dichte so niedrig wie möglich zu halten. Jede Über­belichtung wäre in dieser Hin­sicht tenden­ziell schädlich. Bei Mittel- oder Groß­format empfehle ich dagegen, sich mehr an schön durch­gezeich­neten Schatten in Zone III zu orientieren. Für eine optimale Belichtung sollte man also auch das Negativ­format mit berück­sichtigen. Die folgenden drei Beispiele gelten für KB-Film.

3 Beispiele für richtige Belichtung von KB-Film Beispiel 1: Der Motiv­kontrast beträgt 4 EV bzw. 4 Blenden­stufen. Nach einer Spot­messung auf dunkle Schatten schließen wir die Blende um 3 Stufen. Diese Schatten legen wir damit in Zone II, ab der die Trennung der Ton­werte gerade beginnt (dicker hell­grüner Balken). Die Lichter liegen in Zone VI (=2+4). Eine übliche Objekt­messung, egal ob mit Hand­belichtungs­messer oder mit der Belich­tungs­auto­matik der Kamera, hätte um die Zone V herum aus­ge­mittelt (dunkel­grüne Linie). Die dunklen Schatten wären dann in Zone III gewesen, das ist die Zone für bereits perfekt durch­gezeich­nete Schatten­details. Ein so um 1 EV über­belich­tetes Bild ist auf jeden Fall okay und liegt noch voll innerhalb des Belich­tungs­spiel­raums jedes modernen Films (Doku­menten­filme aus­ge­nommen). Man kann solche Motive sogar noch mehr über­belichten, ohne irgend­eine Detail­zeichnung zu ver­lieren. Das ist der Vorteil von Filmen mit langer gerader Kenn­linie, jedoch nur ein prinzi­pieller Vor­teil. Natürlich bringt eine Über­belichtung auch leichte Nach­teile mit sich: Das Negativ wird etwas grob­kör­niger, die Tendenz zu über­strahlten Lich­tern nimmt zu, und man benötigt später im Foto­labor für den Abzug lange Belich­tungs­zeiten. Man sollte also nicht ohne Not mehr belichten als die Schatten brauchen.

Beispiel 2: Der Motivkontrast einer Gegenlicht­szene beträgt 8 EV bzw. 8 Blenden­stufen. Stur nach Belich­tungs­messer (dunkel­blaue Linie) reichen die Schatten bis Zone I und sind „abgesoffen“. Wir legen diese dunklen Schatten wieder auf Zone II. Die Lichter liegen dann in Zone X (=2+8), wo der Film wahr­scheinlich immer noch eine gerade Kenn­linie aufweist (hell­blauer dicker Balken). Also ist zumindest alles gut durch­ge­zeichnet auf dem Film. Bei Standard­ent­wicklung hat dieses Negativ einen sehr starken Kontrast und muss später im Foto­labor auf extrem weiche Gradation abgezogen werden. Extreme Lichter und Schatten gleich­zeitig schön differen­ziert auf Papier zu bringen, wird schwierig. Im Foto­labor kann man sich aber noch entscheiden. Normaler­weise sind die Schatten nicht so wichtig, weil man beim ersten Blick auf ein Foto zuerst die hellen Stellen erfasst. Meine Empfehlung wäre daher, beim Labor­abzug lieber auf die Schatten als auf die bild­wichtigen Lichter zu verzichten. Die Entschei­dung hängt aber vom Motiv und der gewünschten Bild­wirkung ab. Auch durch Abwedeln der Schatten oder Nach­belichten der Lichter kann noch deutlich nachge­bessert werden. Wichtig ist, dass auf dem Negativ erstmal alles drauf ist. Eine integrale Objekt­messung hätte hier wieder um die Zone V herum ausge­mittelt und die Schatten in Zone I, wenn sie bild­wichtig gewesen wären, wären unrettbar verloren (dunkelblaue Linie). Manche Kameras haben eine Gegen­licht­taste, die um 1 oder 1½ EV bzw. Blenden­stufen mehr belichtet. Eine solche pauschale Korrektur kann natürlich nicht für jeden Einzel­fall die optimale sein.

Beispiel 3: Abends auf einer gut beleuch­teten Café­terrasse wollen Sie vor dunklem Hinter­grund ein Porträt Ihres Gegen­übers machen. Das Hauptmotiv ist hier klar, der Rest drumherum sorgt nur für eine Umrahmung. Spitzlichter und dunkler Hintergrund sind hier nicht bild­wichtig und können vernachlässigt werden. Wichtig ist, dass das Gesicht ohne scharfe Schlag­schatten gleich­mäßig ausge­leuchtet ist. Eine Möglichkeit wäre der gekonnte Einsatz eines Blitz­geräts, was in dieser Situation alle nervt. Eine integrale Objekt­messung ist sicher nicht sinn­voll, zumindest nicht ohne eine mühsam abzu­schätzende Korrektur. Eine Spot­messung auf das Gesicht (Hautton eines Mittel­europäers) ergibt eine Unter­belichtung, ähnlich wie das Anmessen Ihrer Hand­fläche als →Grau­karten­ersatz. Bei warmer Kunst­licht­umgebung ist auch zusätz­lich zu berück­sichtigen, dass die meisten SW-Filme dabei eine geringere Empfindlich­keit haben (ca. 1/2 Blende Differenz). Bei guter Urlaubs­bräune in Kunstlicht sollte man daher nach einer solchen Spot­messung um 1,5 Blenden­stufen mehr belichten, ein blasses Gesicht eher um 2 Blenden mehr. Wir setzen das Gesicht nach der Spot­messung mit 1,5 Blenden­stufen Über­belichtung also auf Zone VI-VII, siehe den breiten lachs­farbigen Balken.
Achtung, was man wissen sollte: Auch renom­mierte Belichtungs­messer können bei Kunst­licht ordentlich daneben liegen, siehe meinen →Belichtungs­messer-Vergleich. Die spek­tralen Empfindlich­keits­unter­schiede von Film und Belich­tungs­messer sollte man vorher austesten und gezielt berück­sichtigen.

Geht das auch ohne Spot­belich­tungs­messung?
Aber sicher geht das auch ohne dieses Gefummel. Die genannten drei Szenen sehe ich als Beispiele, bei denen eine gewöhn­liche mitten­betonte Objekt­messung zumindest nicht optimal ist. Eine Spot­messung nach allen Regeln der Kunst verhindert leider jedes spontane Foto. Wenn man Zeit hat, kann man vorher über­legen, wie eine integrale Messung korri­giert werden müsste. Eine Spot­messung auf die Schatten dient dann nur noch zur Kontrolle. Je mehr Erfahrung man hat, umso eher wird es gelingen, intuitiv eine integrale Belichtungs­messung zu korrigieren. Eine zweite Spot­messung auf bild­wichtige Lichter ist bei modernen Filmen nicht mehr so wichtig. Interessant ist diese Gesamt­erfassung des Motiv­kontrasts vor allem für Groß­format­foto­grafen. Nur diese haben die Möglich­keit, jedes einzelne Negativ mit vom Kontrast abhängender Film­empfind­lich­keit und Entwick­lungs­zeit zu opti­mieren.

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Lichtwert LW ↔ Exposure Value EV

Im Zusammenhang mit Belichtungs­messern kommt immer wieder die Frage auf: Was ist jetzt was, oder gibt es da überhaupt einen Unter­schied? Das wollen wir zunächst einmal klären.

Es ist ganz einfach: LW ist ausschließlich im deutschen Sprachraum üblich, im Rest der Welt verwendet man EV, und man meint damit genau das Gleiche: eine bestimmte Licht­menge, die durch Blenden­öffnung und Verschluss auf den Film fällt. Das war noch nie anders. Der histo­rische Begriff „Lichtwert“ ist leider irre­führend und suggeriert eine vorlie­gende Hellig­keit des Motivs. Die wörtliche Über­setzung “exposure value” = „Belich­tungs­wert“ nach DIN 19017 träfe die Bedeutung besser. Ich persönlich vermeide daher die Verwendung von LW und beschränke mich auf EV.

Als EV=0 definiert ist eine Belichtungs­zeit von 1 s bei Blende 1,0. Eine Erhöhung um 1 EV bedeutet: Die Kamera lässt durch geeignete Zeit- und/oder Blenden­einstellung nur halb so viel Licht durch - oder: höherer EV = weniger Licht auf den Film.

Es gilt allgemein: 2EV = A²/T oder EV = log(A²/T) / log(2)

mit A = Blenden­zahl und T = Belich­tungs­zeit in s

speziell für Objektmessung: EV = log(L·ISO/K) / log(2)

mit Leuchtdichte L in cd/m²; Film­empfind­lich­keit in ISO
Kalibrier­konstate K=12,5 (Sekonic, Nikon, Canon)

speziell für Lichtmessung: EV = log(E·ISO/C) / log(2)

mit Beleuchtungsstärke E in lx; Film­empfind­lich­keit in ISO
Kalibrier­konstate C=340 für Halb­kugel­kalotte (Sekonic)

EV-Tabelle von 1960 Ein Beispiel: EV=12 ent­spricht einer Belich­tung mit 1/125 s bei Blende 5,6 oder 1/60 s bei Blende 8 oder 1/30 s bei Blende 11 u.s.w., egal bei welcher Film­empfindlich­keit und Motiv­hellig­keit. Für diese Aus­sage braucht man noch nicht einmal einen Belich­tungs­messer! Das war schon immer so: Die Ab­bil­dung zeigt die EV-Tabelle auf der Rück­seite einer ur­alten Rollei­flex. Ob eine Belich­tung mit einem be­stimm­ten EV zum Film passt, hängt da­gegen von dessen Empfind­lich­keit und der Motiv­hellig­keit ab. Bei dem­sel­ben Motiv zeigt ein Be­lich­tungs­mes­ser je nach einge­stelltem ISO-Wert einen anderen EV an - logisch, denn man muss ja auch anders belichten. “Sunny-16” bei einem 100er Film erfordert eine Belich­tung gemäß EV 15 und bei einem 400er Film ist das eben eine Zeit-Blenden-Kombination, die EV 17 entspricht. Also eigentlich ist jetzt alles klar!

Leider gibt es etliche Internet­seiten und Smartphone Apps, die solche EV-Tabellen starr mit einer Empfindlich­keit von 100 ISO kombinieren. Diese Autoren hatten wohl noch nie einen richtigen Belichtungsmesser in der Hand. Man kann eine bestimmte Licht­situation nicht einem festen EV zuweisen, sondern der EV für eine richtige Belichtung ergibt sich aus dieser Licht­situation und der Film­empfindlich­keit. Unnötig verwirrend ist auch, dass die Skalen einiger uralter Belich­tungs­messer keine EV zeigen, sondern beliebige Zahlen­werte, die dann für eine end­gültige Ablesung auf eine andere Skala über­tragen werden müssen. Das gilt z.B. für Pentax Spot­meter oder WeimarLux, leider auch für den weiter oben schon erwähnten Exposure Calculator, den ich trotzdem empfehle. Der dort ange­zeigte EV-Wert ist für den Zweck völlig über­flüssig und gilt aus­schließlich für einen 100-ISO-Film. Das stört aber bei der Anwendung nicht weiter. Selbst­verständlich kann man dieses geniale Teil auch bei anderen ISO-Werten verwenden.

In meist englisch­sprachigen Ver­öffentlichungen gibt es auch noch die Abkürzung EI (exposure index). Das ist nichts anderes als die Film­empfindlich­keit, auf die der Belichtungs­messer eingestellt und mit der der Film belichtet wird, z.B. EI 400. Das muss nicht zwingend mit der Norm-Angabe ISO 400/27° auf der Filmschachtel überein­stimmen. Es kann viele Gründe geben, von dieser Empfehlung abzuweichen.

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Filmempfindlichkeit nach ISO

Jetzt ist Film- und Kamera­techno­logie nur mein Hobby und nicht mein Beruf, aber ich weiß, wie Normen entstehen. Dort sitzt ein meist kleiner Kreis von inter­nationalen Spezia­listen zusammen, die darüber beraten. Wer hat das Geld, dort ständig hoch­karätige Mitarbeiter hinzu­schicken? Vor allem die finanz­starken Branchen­führer! Die legen also fest, was in den Normen steht, und sie achten vor allem darauf, dass nichts drin steht, was ihrer Firma nicht passt. Der so festge­legte Kompromiss muss nicht immer für alle Anwender sinnvoll sein. Normen geben daher nicht immer eine absolute Wahrheit wieder. Es sind nieder­geschrie­bene, meist tech­nische Empfeh­lungen, die der einfacheren Verstän­digung dienen. In manchen Fällen bedeutet das nur, dass alle denselben Fehler machen. Ich schreibe hier etwas darüber, damit klar wird, warum man an seinem Belich­tungs­messer nicht zwangs­läufig die Empfind­lich­keit einstellt, die auf der Film­schachtel steht.

Nach ISO 6 liegt der Referenz­punkt für die Empfindlich­keit eines SW-Negativ­films bei einer Dichte 0,1 über dem Grund­schleier. Der Film muss für diese Aus­wertung so entwickelt werden, dass sich bei einer um 4⅓ →EV oder 20‑fach stärkeren Belichtung eine Dichte­differenz 0,8 ergibt, d.h. 0,9 über Schleier. Wegen einer völlig unsin­nigen Achsen­skalie­rung kann die Beispiel­kurve aus der ISO-Norm leider nicht quantitativ ausge­wertet werden. In ein richtig skaliertes Diagramm übertragen, entspricht diese Normkurve einem →gamma-Wert von etwa 0,75 oder nach Kodak einem CI von etwa 0,7. Weil nach Norm die Entwick­lung des Films entsprechend den Empfeh­lungen des Film­her­stellers zu erfolgen hat, ist klar, dass der Hersteller nicht den uralten D-76, sondern einen Entwickler wählt, mit dem sich eine hohe Film­empfind­lich­keit ergeben wird. Fein­korn oder Schärfe interes­sieren in diesem Zusam­men­hang nicht. Für die Dichte­messung ist übrigens ein mit diffusem Licht arbeitendes Trans­missions-Densito­meter nach ISO 5-2 vorge­schrieben. Bei jedem gemessenen Dichte­wert müsste man eigentlich genau doku­men­tieren, wie er gemessen wurde. Das gilt selbst­verständlich auch für jeden gamma-, beta-, CI- oder G-Wert. Ein γ=0,7 nach dieser Mess­methode entspricht der allgemeinen Empfehlung für reine Mischbox-Ver­größerer. Die ISO-Empfindlich­keit gilt also auch nur für diesen Fall. Für reine Kondensor-Ver­größerer muss man auf ein γ≈0,50‑0,55 entwickeln und büßt damit mindestens 2 DIN Empfind­lich­keit ein. Ein Feinkorn-Entwickler kostet nochmal locker 2 DIN, und schon ist man bei weniger als der halben Film­empfindlich­keit angelangt, die uns eine solche Norm vortäuscht. Daher muss man seinen →Film ein­testen und darf nicht immer glauben, was in den Daten­blättern steht. Was man dort lesen kann, ist wohl äußerst selten nach irgend­einer Norm ermittelt worden, sondern wird eher unter Marketing-Aspekten verfasst. Ich persönlich sehe darin nicht mehr als eine primitive Einteilung in niedrig-, mittel- oder hochempfindlich.

Dass die Film­empfindlich­keit vor vielen Jahrzehnten im Fuß­bereich der Dichte­kurve und damit außer­halb des nutz­baren Bereichs definiert wurde, ist für die heutige Praxis der SW-Foto­grafie schlicht­weg untauglich. Den Referenz­punkt für die Empfindlich­keit von Foto­papieren setzt man schließlich auch nicht in den Fuß­bereich, sondern nach ISO 6846 mitten rein in den linearen Teil der Dichte­kurve bei einer Reflexions­dichte 0,6. Im Amateur-Fotolabor ist das leider auch nicht relevant, weil man ohne ein spezielles Densito­meter nichts damit anfangen kann.

Ilford hat sich daher aus mehreren guten Gründen gegen die Anwendung der offiziellen “Determination of ISO Speed” entschieden. Ilfords Datenblätter beruhen auf einem Konstrast von G 0,62, einem Kompromiss, der angeblich sowohl für Kondensor- als auch auch für Mischbox-Vergrößerer geeignet ist. In den Ilford-Film­daten­blättern steht heute: It should be noted that the recommended exposure index(EI) is based on a practical evaluation of film speed and is not based on foot speed, as is the ISO standard. Ich mache es beim →Eintesten von SW-Filmen ähnlich wie Ilford und ignoriere diese ISO-Definition. Hier meine Gründe:

  1. Auch hochwertige Densito­meter zeigen die Dichte in Sprüngen von ΔD = 0,01 mit einer Wieder­hol­genauig­keit von ±0,01 an. Weil die Kurve im Fuß­bereich mit γ≈0,3 recht flach verläuft, bedeutet das Umspringen der Anzeige um 1 Digit bereits eine um 1/3 DIN andere Empfindlich­keit. Die Mess­genauig­keit lässt hier also zu wünschen übrig. Im mittleren, geraden Bereich der Dichtekurve liegt diese Auswerte-Genauigkeit bei ca. 1/20 DIN. (Weil ich schon lange foto­grafiere, denke ich bei der Film­empfindlich­keit immer noch in DIN statt in ISO-Einheiten: 1 DIN = 1 Teil­strich auf der ISO-Skala.)
  2. Um den Fuß der Dichte­kurve aus­reichend genau auf­zeichnen zu können, müsste ich in diesem Bereich, der mir als Anwender eigentlich egal ist, die Mess­punkte recht eng setzen. Das führt aber nicht unbedingt zu einer ver­besserten Aus­wertung (wegen 1.), ist also reine Zeit­ver­schwendung.
  3. Wie schon erwähnt: Der Fuß der Dichte­kurve unter D=0,2 ist für die praktische Foto­grafie uninteres­sant, da kaum noch Details aufgelöst werden. Mit modernen Filmen legen viele Großformat-Fotografen die Schatten eher auf eine Dichte von mindestens 0,35 (im →Zonen­system: Zone III).

Für mich hat sich bewährt, den Referenz­punkt für die Film­empfindlich­keit bei der Dichte 0,2 über Schleier fest­zulegen. Ab da weisen so gut wie alle modernen SW-Filme eine nahezu gerade verlaufende Kurve mit guter Detailwiedergabe auf. Diese von mir so definierte →Zone II der Dichte­kurve kennzeichnet den Bereich, ab dem diese zwischen Fuß und Schulter-Abflachung mit abge­stuften Grau­werten nutzbar ist.

Viel wichtiger als die genaue Kenntnis der Film­empfindlich­keit ist der Dichte­verlauf im bild­wichtigen mittleren Teil der Dichte­kurve und der daraus resultierende →gamma-Wert. Eine nicht genau bekannte Film­empfindlich­keit kann ich ohne Qualitäts­verlust durch etwas Über­belichtung kompensieren, zu hoher oder zu niedriger Kontrast führt dagegen oft zu Problemen und Kompromissen beim Vergrößern in der Dunkel­kammer.

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Welcher Belichtungs­messer ist der beste?

Jeder, der mit mehr als einer Kamera und auch noch mit Hand­belichtungs­messer arbeitet, wird feststellen, dass die Messungen nicht immer ein einheit­liches Ergebnis bringen und durchaus etwas schwanken können. Nachdem sich bei mir etliche Gerät­schaften ange­sammelt haben, war es nahe­liegend, die diversen Belichtungs­messer-Anzeigen unter­ein­ander zu vergleichen. Zum Einsatz kamen ein Minolta Spotmeter F, fünf Hand­belichtungs­messer mit etwa 30° Mess­winkel (entsprechend einer KB-Brennweite von 80mm) sowie die integrierten Belichtungs­messer diverser Kameras. Dass der Hersteller Gossen in meiner Auswahl dominiert, liegt lediglich daran, dass diese deutsche Firma hier eben die Rolle des Platz­hirsches einnimmt. Die meisten Geräte dieses Vergleichs arbeiten mit einer Silizium-Photodiode (SPD), je nach Hersteller auch SBC = “Silicon Blue Cell” genannt. Viele CdS-Belichtungs­messer sind alters­bedingt dejustiert und zeigen falsch an oder sind mittler­weile total ausgefallen (CdS = Cadmiumsulfid). CdS-Foto­wider­stände haben prinzipiell noch weitere Nach­teile: Durch starken Licht­einfall sind sie vorüber­gehend geblendet, und bei wenig Licht reagieren sie sehr träge, was sie für eine Ver­wen­dung mit Belich­tungs­auto­matik oder für Blitz­licht­messung aus­schließt.

Digital­kameras werden hier absichtlich ignoriert, weil deren Belich­tungs­steuerung nach anderen Regeln funktioniert. Die tatsäch­liche Belichtung kann von der einge­stellten ISO-Empfind­lich­keit abweichen und orientiert sich je nach Software an Rausch­grenze oder Signal­sättigung, siehe ISO 12232. Das Ergebnis von solchen Objekt­messungen berücksichtigt die Eigenschaften des Sensors und der Kamera-Software und ist daher oft nicht auf Film übertragbar. So zeigen Ver­gleichs­messungen mit EOS 30D/80D unter­einander eine Differenz von ⅔ →EV. Bei moderner Kamera-Software spielen mittler­weile auch noch vom Motiv abhängige KI-Algo­rithmen mit. Die Belich­tungs­anzeige von Smartphone-Foto-Apps wollen wir mal lieber ganz ignorieren. Weil ich das Immer-Dabei-Smartphone für Licht­messungen praktisch gefunden hätte, habe ich tatsächlich einige Apps ausprobiert. Die Genauig­keit hängt leider vom hardware­mäßig verbauten Umgebungs­licht­sensor ab, und das ist bei einfachen Android-Geräten nicht immer ein hoch­wertiger. iPhones scheinen da zuver­lässiger zu funktio­nieren. Irgendwo muss der Aufpreis ja drin stecken. In der Hand­habung ist mir ein richtiger Belichtungs­messer auf jeden Fall viel lieber.

Bei den in Kameras integrierten Belichtungs­messern habe ich nur die Sucher­anzeigen ausgewertet. Für diesen kurzen Vergleichs­test wurden keine Filme belichtet, was nicht zwingend zum gleichen Ergebnis führt wie die Auswertung der Anzeigen. Zum Beispiel neigen alle meine analogen EOS-Gehäuse und die Mamiya 6 bei Automatik zu etwa ½ Blende Unter­belichtung (im Vergleich zu manueller Einstellung von Zeit und Blende laut Mess­wert­anzeige)!

Erschütternd für mich war zunächst, dass nicht einmal inner­halb einer Marke (Gossen) Einig­keit herrscht und zwar sowohl bei Messung auf eine ein­heit­lich mit Tages­licht beleuch­tete weiße Wand als auch bei Messungen auf ein identisches Motiv im Freien. Letzteres natürlich nicht mit dem Minolta Spotmeter. Ich wüsste nicht, wo ich für diesen Vergleich den Mess­punkt setzen sollte. Die Messungen habe ich mehr­fach wieder­holt, um Streuungen durch die Wieder­hol­genauig­keit auszumitteln. Damit alle Geräte gleiche Messungen liefern, muss ich wie folgt korrigieren:

Variosix F: +0,4 EV,  Digisix 2: −1/3 EV,
alle anderen (Spotmeter F, Profisix, Sixtomat F2, Sekonic L-208): ±0
Es ist bekannt, dass Minolta seine Belich­tungs­messer anders →kalibriert als z.B. Sekonic. Diesen geringen Unter­schied von etwa 1/6 EV kann ich aber bei meinen Vergleichs­messungen nicht eindeutig reprodu­zieren.

Meine Ergebnisse stimmen übrigens überein mit einem anderen Ver­gleichs­test anhand einer Norm-Licht­quelle in einer Fach­werk­statt. Auch dort hat der Digisix konstant 1/3 EV zu viel (d.h. Unter­belichtung) angezeigt.

3 Belichtungsmesser

Wenn jetzt alle Belichtungs­messer einer Marke die gleiche Abweichung zeigen, wäre das nach­voll­zieh­bar und okay, weil in der Belich­tungs­messer-Kali­brierung auch ein bisschen Firmen­philo­sophie drin steckt (z.B. in der Ent­schei­dung, was ein mittlerer Motiv­kontrast ist). Zwei von vier Gossen-Geräten tanzen aber in unter­schied­licher Richtung aus der Reihe, was ich nur schwer verstehen kann. Der Variosix F tendiert zu Über­belichtung, was für Negativ­filme nicht so schlimm ist. Das könnte natürlich am Alter liegen, aber der war schon immer so. Der Digisix 2 tendiert dagegen zu Unter­belichtung! Ein mittler­weile defekter und entsorgter Digisix (ohne den Zusatz „2“) hatte übrigens die gleiche Abweichung. Mit den genannten Korrek­turen sind die Anzeigen dann in Überein­stimmung mit allen EOS-Kameras, der Canon EF, der New F-1, der AE-1, der AL-1, der T90, der Mamiya 6, der Rollei 35S (mit noch funktio­nie­render CdS-Zelle made by Gossen) und sogar mit einer alten Rollei­flex von 1960, deren Selen-Belich­tungs­messer wohl auch von Gossen stammt. Auch ohne eine kalibrierte und physi­kalisch vertrauens­würdige Leucht­fläche kann ich das als stabilen und für mich maß­gebenden Mittel­wert betrachten. Alle meine anderen alten Kameras pendeln mit einer maximalen Streu­breite von ±1/2 EV um diesen Mittel­wert und haben gegebenen­falls einen kleinen Aufkleber erhalten mit der erforder­lichen ±Korrektur für die einzu­stellende Film­empfind­lich­keit.

Mein Referenz-Belichtungs­messer war jahre­lang der alte Variosix F. Nach dessen Mess­ergeb­nissen waren alle Filme sauber eingetestet. Daher war inner­halb meiner Verarbeitungs­kette auch alles in Ordnung. Jetzt weiß ich aber, dass der Variosix bei Tages­licht um reproduzier­bare 0,4 EV vom Mittelwert meiner Vergleichs­messungen abweicht. Ich musste daraufhin alle früher damit ermittelten →Film­empfindlich­keiten um 1 DIN reduzieren. Das Ergebnis meines Film-Eintestens liegt jetzt auch näher bei den Empfeh­lungen der Kodak- und Ilford-Daten­blätter.

Die gleichen Messungen habe ich dann noch bei Kunst­licht mit einer alten 100 W Glüh­birne gemacht. Alle Canons, Rollei 35S, Sekonic L-208, Digisix 2 (dieser mit der für Tages­licht ermittelten Korrektur) und Minolta Spot­meter bringen auch bei Kunst­licht ein ein­heit­liches Ergebnis. Bei folgenden Belichtungs­messern muss korrigiert werden:

Profisix, Variosix F und Mamiya 6: −0,7 EV 
Sixtomat F2 und Rolleiflex: −1,0 EV.

Die Korrektur in Richtung weniger EV bei den genannten Belich­tungs­messern bedeutet mehr Belichtung. Eine Kunst­licht­aufnahme ohne Korrektur des Mess­werts ergäbe also eine satte Unter­belichtung. Gleich­zeitig hat Schwarz­weiß­film bei Kunst­licht typischer­weise eine um 1-2 DIN geringere Film­empfindlich­keit als bei Tages­licht. Der Film kompensiert leider nicht diese Belichtungs­messer­abweichungen, sondern diese liegen doppelt falsch. Laut dem Service bei Gossen haben die älteren SBC Zellen wie z.B. beim Profisix Probleme im Rot­spektrum. Mein Sixtomat F2 (mit der größten Abweichung bei Kunst­licht) ist aber ein relativ neues Modell aus dem Jahr 2018. Wer bei Kunst­licht foto­grafiert, muss also unbedingt Belichtungs­messer­anzeige und reale Empfindlich­keit des verwendeten Films aufeinander eintesten. Oder noch besser: Trotz moderner Mess­technik empfehle ich bei allen vom Standard abwei­chenden Fällen Belichtungs­reihen.

Jetzt könnte ich noch weitere Mess­reihen durchführen, z.B. zur Blitz­licht­auswertung oder zur Über­prüfung der Linearität bei 15 EV ↔ 8 EV oder eine eigentlich nicht besonders sinn­volle Gegen­über­stellung Licht­messung ↔ Objekt­messung. Vor allem Letzteres hat wieder mein Vertrauen in renommierte Belichtungs­messer erschüttert: Ein schneller Vergleich der Licht­messung ergab bei identischer Tageslicht­situation eine Streu­breite von 1 EV. Selbst­verständlich waren die Belichtungs­messer so kalibriert, dass die Mess­ergebnisse bei Objekt­messung auf dieselbe weiße Fläche identisch waren. Demnach ist zumindest bei den hier verglichenen Geräten die Licht­messung mit Diffusor nicht annähernd ein Ersatz für eine Kontrast­messung. Das deckt sich mit meinen gemischten Erfah­rungen, das Ergebnis einer Licht­messung direkt für die Belichtungs­einstellung an der Kamera zu verwenden. Hervor­ragend geeignet sind alle hier getesteten Geräte jedoch für den ursprünglichen Zweck der Licht­messung, nämlich zur Messung des →Beleuchtungs­kontrastes. Eine absolute Messgenauig­keit ist dazu nicht erforderlich, und beim Anblick so mancher verkratzter und vergilbter, alter Plastik­diffusoren auch nicht möglich. Weiteren Test-Frust erspare ich mir, denn nach →Norm dürfen Belichtungs­messer um bis zu 1/2 Blenden­stufe falsch anzeigen, was sie nach meinen Erfahrungen auch tatsächlich tun! Bei Lichtmessung kommen dann noch zulässige ±20% Abweichung bei der Lichtdurchlässigkeit des Diffusors dazu! Es ist also eigentlich alles in Ordnung, spätestens nach kleinen Eingriffen in die Kalibrierung, wie es bei meinen Gossen-Belichtungsmessern notwendig und auch so vorgesehen ist. Zusätzlich gilt immer noch meine Empfehlung, sich auch mit der bereits erwähnten, hersteller­unabhängigen Sunny-16-Regel vertraut zu machen und damit Erfahrung zu sammeln.

Welcher Belichtungs­messer ist jetzt der beste?

Diese eingangs gestellte Frage kann ich nach dem Vergleich meiner begrenzten Auswahl, die mir zur Verfügung stand, leider nicht beantworten. Der beste Belichtungs­messer ist natürlich immer der, den man dabei hat. Als Alter­native empfehle ich, gleich richtig zu klotzen und auf einen ordent­lichen 1°-Spot­belichtungs­messer zu sparen, zumindest auf einen Belichtungs­messer mit Sucher, bei dem man genau weiß, was man anmisst. Aller­dings ist ein solches Gerät nicht mehr hosen­taschen­tauglich, so dass ich es nur mitschleppe, wenn ich mit großer Foto­tasche unterwegs bin (also eigentlich nie).

Enttäuschendes Ergebnis dieses Kurz­tests: Die absolute Vergleich­barkeit der Anzeigen etlicher Belichtungs­messer lässt zu wünschen übrig, was bei so teuren Mess­geräten eigentlich ein Unding ist. Die →Normen lassen den Herstellern hier einen Spielraum, welche Belichtung ein repräsentatives, durch­schnitt­liches Motiv erfordert.

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Mein persönliches Fazit

Kein noch so toller Belichtungs­messer und schon gar nicht eine Grau­karte ersparen uns das Mitdenken und die Kenntnis der technischen Zusammen­hänge rund um die Fotografie auf SW-Film. Wir wollen aber auch nicht übertreiben und mit den wissen­schaftlichen Methoden der Physiker einen Messwert auf die x-te Stelle nach dem Komma genau ermitteln. Eine absolut richtige Belich­tungs­messung ist mit üblichem Foto­grafen­werk­zeug offen­sichtlich nicht ganz einfach. Am besten definiert jeder für sich selbst, was „seine“ richtige Belich­tung ist, gemessen mit „seinem“ Referenz-Belich­tungs­messer und passend zu „seiner“ Verarbei­tungs­kette - und im Zweifels­fall hat man dann noch „seine“ indivi­duelle Erfahrung. (Foto­grafinnen ersetzen bitte „seine“ durch „ihre“.)

Lediglich Diafilme brauchen eine punkt­genaue Belichtung. Abweichungen von plus/minus einer halben Blende wären dort bereits deutlich sichtbar. Solche Streuungen können übrigens auch bei hoch­wertigen Kamera­systemen schon nach einem Objektiv­wechsel ins Spiel kommen, z.B. durch unter­schiedlich hohe Trans­missions-Verluste oder Abwei­chungen in der Blenden­steuerung. Gott sei Dank haben wir mit der Schwarz­weiß­foto­grafie eine sehr tolerante Technik. Daher habe ich die Testerei wieder aufgegeben und einfach einen Belichtungs­messer mit leicht und genau ables­barer Digital­anzeige zu meinem persön­lichen Tages­licht-Referenz­gerät erklärt.

In einer uralten Kodak-Broschüre stand einmal sinngemäß:

Fotografie ist fast unmöglich. Die Verschluss­zeit darf bis zu 50% Abweichung haben, die Blende ebenso; vom Thermometer und der Uhr in der Dunkelkammer ganz zu schweigen. Wenn alle Toleranzen in eine Richtung ausschlagen, ist das Ergebnis ein weißes oder schwarzes Negativ. Da sie es aber selten tun, fotografieren wir mit Leidenschaft.

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Copyright © 2009-, Dr. Manfred Anzinger, Augsburg
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