FDn 50-1.4

10 Regeln der Fotografie auf SW-Film

Nein, dies ist keine Anlehnung an die „10 Gebote“, es gibt ja auch keine Todsünde. Hier sind einfach meine 10 wichtigsten Tipps, damit Einsteigern in die Fotografie mit SW-Film gute Ergebnisse leichter und ohne Frust gelingen. Für Farbfilm oder Scanner habe ich leider keine Tipps. Wenn es bunt sein soll, mache ich das digital und das meistens mit dem Smartphone.

1. Verwende nur 1 oder max. 2 seit langem bewährte Markenfilme!

2. Es gibt keinen Wunderentwickler!

3. Du sollst nicht pushen!

4. Starte mit Kleinbildfilm, der Rest kommt später!

5. Starte mit einem der jüngeren Analog-Modelle der Kameramarke Deiner Wahl!

6. Starte mit 50er Objektiv (kein Zoom), der Rest kommt später!

7. Verwende niemals die „Deppenautomatik“ Deiner tollen Kamera!

8. Bei Gegenlicht (hohem Kontrast) immer um 1-2 Blendenstufen überbelichten!

9. Im Fotolabor gilt: Üben, üben, üben - dann wird das schon!

10. Bei Fragen: Guck’ in meine SW-FAQ, dort ist (fast) alles ausführlich erklärt! :-)

 


Damit Sie nach dem Grund für diese Regeln nicht lange suchen müssen, finden Sie hier die dazugehörigen Links oder direkt eine Erklärung:

1. siehe: →Welcher Schwarzweißfilm ist der beste?

2. siehe: →Welcher Entwickler ist der beste?
Regeln 1+2 kurz zusammen­gefasst: Ich empfehle für den Anfang dringend die Einschränkung auf max. 2 Marken­filme (100er im Sommer, 400er in der dunklen Jahreszeit) und nur 1 (in Worten: einen) Universal-Entwickler! Das war vor vielen Jahren der erste und wichtigste Tipp, aus dem dann irgend­wann eine umfang­reiche Tipp-Sammlung in Form der →SW-FAQ ent­standen ist. Natürlich muss es sich auch bei den ersten zag­haften Versuchen um frische Marken­ware handeln. Sonst weiß man nie, ob ein Fehler am Material liegt oder ob man selbst gemurkst hat. Meine konkrete Anfänger-Empfehlung für problem­lose Hand­habung wäre irgendein Film von Harman/Ilford/Kentmere (d.h. derzeit ein­schließ­lich Agfaphoto APX aus dem Drogerie­markt), weil die nach dem Trocknen alle wunder­bar glatt an der Leine hängen. Viele andere haben nach dem Trocknen irgend­einen unwider­steh­lichen Drang, sich einzu­rollen. Bitte Finger weg von vergam­melten Rest­beständen und auch von Wunder­filmen dubioser Herkunft, aber mit Verpackung und Handels­namen, die Retro oder Vintage vorgaukeln!

3. siehe: →Der Push-Pfusch

4. Der Materialaufwand und damit die Hemm­schwelle, auf die Schnelle mal etwas aus­zu­probieren, ist bei Klein­bild­film gering. Mit „Aus­probieren“ meine ich jetzt etwas Krea­tives, keine neue Film-Entwickler-Kombi­nation! KB-Kameras sind relativ klein und leicht, manche sogar als immer-dabei-Kamera geeignet.

5. Mit vielen Kameras, die 60 Jahre oder noch älter sind, kann man auch heute noch uneinge­schränkt tolle Bilder machen. Aber das ein oder andere Schätzchen müsste erst mal dringend zum Service, und dem gehen oft schon die Ersatz­teile aus, genauso wie die Spezialisten, die das noch reparieren können. Alte Belichtungs­messer mit der bis Mitte der 1970er-Jahre üblichen CdS-Mess­zelle und 1,35V-Queck­silber-Batterie erreichen nie die Präzision neuerer Geräte. Man hat auch das Risiko, dass die alten CdS-Zellen eines natürlichen Todes sterben. Die noch älteren Selen-Belichtungs­messer liefern ohnehin dubiose Messungen, wenn sie über­haupt noch reagieren. Alle diese Probleme kann man bei Befolgen meines Tipps vermeiden. Bis etwa 2005 gab es noch in allen Foto­läden eine Super-Auswahl an neuen Analog-Kameras, die bis heute noch keine Alters­leiden haben sollten. Hier finden Sie meine Kommen­tare zur Reihe der alten →Canon Kameras mit FD-Bajonett und vor allem zu den neueren →Canon EOS Kameras mit Autofokus. Natürlich gibt es auch andere tolle Marken, da kann ich aber nichts Qualifi­ziertes dazu sagen. Ich selbst stelle fest, dass ich mittler­weile als Brillen­träger meine ganz alten Kameras (wie die Ftb) weniger gern benutze, weil die Scharf­stellung mit den etwas dunkleren Matt­scheiben ohne Schnitt­bild-Indikator mühsamer ist. Abzuraten ist von der Klasse der voll­auto­matischen Kompakt­kameras, weil man mit denen nichts über die Grund­lagen der Foto­grafie lernen kann. Diese Kameras waren nie auf lange Halt­bar­keit oder gar Service-Freund­lich­keit ausgelegt. Mangels Ersatz­teilen sind die meisten Defekte irreparabel und wären wirt­schaft­lich ohnehin sinnlos. Trotzdem werden manche Kompakt­kameras zu völlig abge­hobenen Preisen gehandelt, die oft ein Viel­faches des früheren Neu­preises betragen.

6. Für einen Einsteiger empfehle ich eine Klein­bild-Brenn­weite von 40-50 mm, weil man damit gezwungen ist, sich bei der Motiv­auswahl auf das Wesent­liche zu beschränken. Eine 85er Brenn­weite wäre dafür noch besser geeignet, aber als allgemeine Standard­linse ist sie doch etwas extrem. Das Gegen­stück dazu, also ein Weit­winkel­objektiv mit weniger als 35 mm Brenn­weite, erfordert Erfahrung bei der Anwendung, um unge­wollte perspek­tivische Ver­zerrungen zu vermeiden. Ein weiterer Grund für eine „Normal“-Brenn­weite ist das kreative Frei­stellen des Haupt­motivs durch gezielt eingesetzte Hinter­grund­unschärfe. Dies erfordert ein licht­starkes Objektiv wie etwa das für jede Marke günstig erhältliche 1,8/50er, das optisch nicht schlechter ist als das teurere 1,4er. Fest­brenn­weiten sind für Anfänger in jedem Fall vorzu­ziehen, weil man damit sein Bild bewusster gestaltet: durch Vor-, Zurück-, Hin- und Hergehen („Turn­schuh-Zoom“) statt eines schnellen Drehs am Zoom-Ring.

7. Es gibt nichts Peinlicheres, als z.B. den Mailänder Dom, wie -zigfach beobachtet, aus 50m Entfernung mit automatisch ausklap­pendem Miniblitz zu knipsen. Dieser Voll­automatik-Modus und die Motiv-Programme, die es seit den 90er-Jahren in jeder besseren Kamera (außer den Profi-Modellen) gibt, taugen wahr­scheinlich für akzep­table Bilder, sind aber untauglich, um aus der Foto­grafie ein span­nendes Hobby zu machen. Um Erfahrungen zu sammeln und langsam dieses Handw­erk zu erlernen, muss die Kamera auch ohne Belich­tungs­auto­matik eine manuelle Einstellung von Film­empfind­lich­keit, Zeit und Blende ermög­lichen.

8. Ein hoher Kontrast und/oder Gegenlicht verwirren jede Belich­tungs­auto­matik, die Schatten wären danach nur noch schwarze Löcher. Dagegen hilft nur: Über­belichten, am besten mit einer Belich­tungs­reihe, z.B. um +1/+2 Blenden­stufen. Noch besser wäre eine manuelle Belich­tungs­ein­stellung nach →Spot­messung auf die Schatten. Wenn Sie das beherrschen, dann sind Sie aber schon kein Anfänger mehr - mein Glück­wunsch! Das Negativ mit einem solchen Motiv ist dann natürlich auch sehr kontrast­reich. Hier kann man beim Abzug mit Y-Filterung gegen­steuern oder bei wichtigen Bildern selektiv abwedeln oder nach­belichten.

9. Irgendetwas wird immer auf dem Film drauf sein, und man wird das Motiv erkennen. Ein SW-Foto mit richtig schön abgestuften Grautönen erfordert aber etwas Übung und gelingt eher selten auf Anhieb. Je größer das endgültige Papier­format ist, umso genauer muss alles passen. Machen Sie daher im Labor alle Arbeits­schritte so wieder­holbar wie möglich, indem Sie Film, Entwickler, Tempe­ratur, Kipp­rhythmus, Foto­papier­sorte, … konstant halten. Weil Sie als Hobby­foto­graf nicht täglich im Labor stehen, ist es wichtig, diese Standard-Ver­fahrens­schritte nach­voll­ziehbar zu notieren. Erst wenn Sie in Ihrem Standard­prozess (fast immer) technisch perfekte Ergebnisse erzielen, können Sie darüber nach­denken, ob und was Sie gezielt ändern wollen. Wenn Sie dann anfangen, einge­testete Prozesse zu ändern, ändern Sie immer nur eine Sache auf einmal und doku­mentieren Sie diese Änderungen.

10. Schauen Sie immer mal wieder in meine →SW-FAQs rein. Die Seite lebt und wird von Zeit zu Zeit ergänzt und aktualisiert. Neben Antworten auf die Standard­fragen (→Welcher Film? →Welcher Entwickler?) gibt es auch reichlich speziellere Tipps aus jahr­zehnte­langer SW-Erfahrung. Wenn man schon die ersten eigenen Erfah­rungen gesammelt hat, empfehle ich die kurze Einführung ins →Zonen­system, weil dort Begriffe definiert sind, über die man in der SW-Fotografie immer wieder stolpern wird.
Solche FAQ-Sammlungen liest man natürlich nicht wie einen Roman von oben bis unten, aber man kann sich immer wieder Anregungen holen. Dort habe ich mittler­weile so viele eigene Erfahrungen nieder­geschrieben, dass ich sogar meine eigenen Inter­net­seiten als überall verfüg­bares Nach­schlage­werk verwende.
Weil man für das Foto­labor­hobby richtig belichtete Filme braucht, könnte auch diese Seite hilf­reich sein: →Belichtungs­messung, aber richtig!


Die 10 Regeln sind meine persön­lichen Empfeh­lungen und betreffen nur die technische Seite der Foto­grafie auf SW-Film. Hier noch ein weiteres interessantes Beispiel für „10 Regeln“:

von Thomas Leuthard, gefunden in seiner Street Fotografie Waschanleitung (dort auf Seite 6).

Im Internet finden sich noch viele weitere Beispiele, wenn Sie nach Fotografie 10 Regeln suchen. Die meisten dieser Aufzählungen enthalten sinngemäß, dass man erst die Technik beherrschen muss, bevor man sie kreativ einsetzen kann. Dazu kann ich mit meinen Seiten hoffentlich ein bisschen etwas beitragen.


Copyright © 2009-, Dr. Manfred Anzinger, Augsburg